Mond - Karten 

Mondkoordinaten

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©NASA/JSC
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Zur exakten Lagebestimmung von Punkten auf dem Mond dienen die "selenographischen Koordinaten". Moderne Karten verwenden dabei die sogenannte astronautische Orientierung, ältere Karten die astronomische.

Auf der Erdoberfläche kann jeder Ort durch die Angabe von geographischer Länge und Breite exakt bestimmt werden. Ähnliche Angaben gibt es auch für Orte auf der Mondoberfläche, nur heißen die Koordinaten dort "selenographische Länge und Breite".

Für jede Koordinate braucht man eine Grundlinie, von der aus gezählt wird. Auf der Erde ist das zum einen der Äquator für die Angabe der geographischen Breite. Die Längenangaben werden entsprechend vom Nullmeridian aus gezählt. Das ist der Längenkreis, der durch Greenwich in England verläuft.

Auch auf dem Mond hat man zwei senkrecht aufeinander stehende Großkreise als Grundlinien festgelegt. Dabei orientiert man sich – wie auf der Erde – an zwei von der Natur vorgegebenen Punkten, den beiden Polen. Denn auch der Mond hat eine Drehachse, um die er sich in etwa 27 Tagen dreht. Durch diese Eigenrotation zeigt er bei seinem monatlichen Erdumlauf immer die selbe Seite zur Erde. Man kann sich nun eine Ebene denken, die den Mond genau zwischen seinen beiden Polen durchschneidet, die sogenannte Äquatorebene, zu der die Drehachse senkrecht verläuft. Die Äquatorlinie ist dann der Rand der Äquatorebene an der Mondoberfläche. Parallel zum Mondäquator verlaufen die Breitengrade, Kreislinien von gleicher selenographischer Breite. Durch beide Pole verlaufen senkrecht zum Äquator Längengrade (Meridiane), Kreislinien von gleicher selenographischer Länge.

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©Mission Mond

Die Abbildung zeigt das Koordinatennetz des Mondes. Nordpol und Südpol als Drehpunkte der Mondkugel wurden nach der üblichen astronomischen und geographischen Bezeichnung festgelegt. Wenn wir den Mond von der Nordhalbkugel der Erde aus mit dem bloßen Auge (oder durch ein nicht umkehrendes Fernrohr) betrachten, dann sehen wir den Norden oben, in Richtung auf das Mare Imbrium, und den Süden unten, in Richtung auf den Krater Tycho. Nord- und Südrichtung sind auf dem Mond dadurch festgelegt.

Wo soll auf dem Mond Osten, wo Westen sein? Hierzu gibt es zwei unterschiedliche Möglichkeiten, die frühere astronomische Orientierung und die heutige astronautische Orientierung. Um Missverständnisse zu vermeiden, legte die Internationale Astronomische Union (IAU) im Jahr 1961 fest, dass die Ost-West-Orientierung künftig im astronautischen Sinn verwendet werden soll. Danach ist auf dem Mond Osten die Richtung, in der für einen Beobachter auf dem Mond (Astronaut) die Sonne aufgeht und Westen dort, wo die Sonne untergeht. Beim Blick auf den Mond mit bloßem Auge von der Nordhalbkugel der Erde aus ist also Osten (engl. East = Osten) rechts, in Richtung auf das Mare Crisium und der Westen (W) links, in Richtung auf das Mare Imbrium und den Oceanus Procellarum. Mit zunehmendem Mond wandert die beleuchtete Seite allmählich von rechts nach links über die Mondscheibe, das heißt von Osten nach Westen auf der Mondoberfläche.

Alle heutigen Mondkarten sind nach dieser Festlegung orientiert, während früher die astronomische Orientierung Verwendung fand. Vor dem Raumfahrtzeitalter war es sinnvoll, den Mond als normales astronomisches Objekt zu behandeln, das aus großer Entfernung betrachtet wird. Zur Bestimmung der Ost-West-Richtung bezog man sich deshalb an den Himmelsrichtungen auf der Erde. Stand der Mond in südlicher Richtung am Himmel, dann war die linke Mondkante in östlicher Richtung und die rechte Mondkante in westlicher Richtung orientiert. Entsprechend legte man Osten und Westen auf der Mondscheibe fest. Auf alten Karten sind deshalb Ost- und Westorientierung gegenüber heutigen Karten vertauscht.

Bild vergrößernMeridiane und Breitenkreise
©Mission Mond

Wo verläuft auf dem Mond der Nullmeridian, von dem aus die Längengrade nach Osten oder Westen gemessen werden? Als Hauptmeridian wurde die Linie ausgewählt, die von der Erde aus gesehen genau über die Mondscheibenmitte verläuft und die beiden Pole verbindet. Allerdings gibt es hierbei eine kleine Schwierigkeit, da Mondumlauf und Mondeigendrehung nicht exakt übereinstimmen. Der Mond vollführt dadurch scheinbar leichte Drehschwingungen nach links und rechts, aber auch nach oben und unten, die sogenannte Längen- und Breitenlibration. Zur Festlegung des Hauptmeridians wählt man den Zeitpunkt, wenn die Libration gerade den Wert Null hat.

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©Mission Mond

Die selenographische Länge – mit dem griechischen Buchstaben Lambda bezeichnet – wird als Bogen auf dem Äquator zwischen dem Hauptmeridian und dem Meridian des gegebenen Ortes gemessen. Dabei werden die Werte nach Osten positiv und nach Westen negativ gezählt, und zwar stets von 0 Grad bis 180 Grad. Die Länge 180 Grad hat der durch das Zentrum der erdabgewandten Mondseite verlaufende Meridian. Auf Karten werden anstelle der Zeichen + (plus) und – (minus) häufig die Abkürzungen E (Osten) und W (Westen) verwendet. Die Angabe 30W bedeutet zum Beispiel 30 Grad westlicher selenographischer Länge (Lambda = -30 Grad).

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©Mission Mond

Die selenographische Breite – mit dem griechischen Buchstaben Beta bezeichnet – ist die Entfernung in Winkelgraden eines gegebenen Ortes vom Mondäquator entlang des entsprechenden Längengrads. Die Breitengrade werden nach Norden positiv und nach Süden negativ gezählt, und zwar stets von 0 Grad bis 90 Grad. Anstelle der Vorzeichen Plus oder Minus werden die Abkürzungen N (Norden) und S (Süden) verwendet. 60S beispielsweise bedeutet 60 Grad südlicher selenographischer Breite (Beta = -60 Grad).

Ein dichtes Netz von Orten, deren Koordinaten nach exakten selenographischen Methoden bestimmt wurden, stellt die Grundlage für die Kartierung dar. Dazu verwendet man üblicherweise kreisrunde Krater, deren Mittelpunkt gut bestimmt werden kann. Von diesem Ausgangsnetz werden die Koordinaten aller Details abgeleitet, die auf einer Mondkarte dargestellt werden sollen.

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Autor dieses Artikels:  Prof. Dr. Bruno Deiss

In Zusammenarbeit mit dem Physikalischen Verein, Frankfurt a.M.
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