Mond - Karten 

Historie der Mondkarten

Bild vergrößernDer Mond durch Galileis Teleskop gesehen
©Sidereus Nuncius (1610)
Die erste detailreiche Abbildung des Mondes wurde von dem italienischen Gelehrten Galileo Galilei angefertigt. Die eigentliche Erstellung von Karten der Mondvorderseite begann in der Mitte des 17. Jahrhunderts. Die gesamte Mondoberfläche wurde bis auf einige Gebiete am Südpol in den Jahren 1966-67 im Rahmen der amerikanischen Mission Lunar Orbiter kartiert.

Bild vergrößernGalileis erste Mondskizzen
©Le Opere di Galileo Galilei, vol. 3, part 1

Bevor Galilei Galilei im Jahre 1610 sein Teleskop erstmals auf den Mond richtete, bestand offenbar kein Interesse unter den Gelehrten, Karten vom Mond zu erstellen, wie er sich mit bloßem Auge darstellt. Allenfalls von Leonardo Da Vinci (etwa 1500) und dem englischen Arzt William Gilbert (1544-1603) gibt es grobe Skizzen.

Bild vergrößernGilberts Mondskizze
©William Gilbert

Hielt man vor Galileis Teleskop-
beobachtungen den Mond noch für einen ideal runden Körper, der wie die anderen Planeten und die Sonne die Perfektion der himmlischen Sphären darstellen sollte, so stellte sich nun heraus, dass es auch auf dem Mond Berge und Täler gibt.

Bild vergrößernScheiners Mondskizze
©Christoph Scheiner

Dieser neue Befund setzte sich zwar rasch durch, und zu dessen Illustration wurden auch verschiedentlich Zeichnungen angefertigt, für echte Mondkarten gab es aber offenbar noch keine Notwendigkeit.

Bild vergrößernMellans Vollmondkarte
©Claude Mellan

Ab Mitte des 17. Jahrhunderts änderte sich das, denn nun wollte man mit Hilfe exakter Mondkarten das Problem der Längengradbestimmung auf der Erde lösen, ein wirtschaftlich enorm wichtiges Problem für die Schiffsnavigation. Zur Bestimmung des Längengrades braucht man die genaue Uhrzeit. Mangels präziser mechanischer Uhren wollte man jeweils bei einer Mondfinsternis den Zeitpunkt bestimmen, an dem eine bestimmte Mondstruktur, beispielsweise ein Krater, erstmalig vom Erdschatten überdeckt wird. Dieser Zeitpunkt kann von allen Beobachtern auf der Erde bestimmt werden, bei denen der Mond über dem Horizont steht. Um die Mondstrukturen unzweifelhaft zu erkennen, beauftragte der Astronom Pierre Gassendi den Künstler und Graveur Claude Mellan mit der Anfertigung einer ersten Mondkarte.

Bild vergrößernMellans Halbmondkarte
©Claude Mellan

Mellans Karte zeigt den Mond, wie er sich bei unterschiedlichen Phasen im Teleskop zeigt, und zwar mit allen unterschiedlichen Beleuchtungsverhältnissen. An den Stellen, an denen die Mondoberfläche senkrecht von der Sonne beleuchtet wird, verschwinden somit auf Grund fehlender Schatten die Konturen. Die Astronomen brauchten aber eine einzige Karte, auf der jederzeit sämtliche Strukturen auffindbar sind.

Bild vergrößernMondkarte von Hevelius
©Johannes Hevelius

Es galt somit, den Mond auf einer Karte darzustellen, wie er niemals in der Wirklichkeit zu sehen ist. Nach dem belgischen Astronom Michael Florant van Langren (1645) war es dann Johannes Hevelius in Gdansk der in seinem berühmten Werk „Selenographia“ brauchbare exakte Mondkarten veröffentlichte. Darunter auch eine Vollmondansicht, bei der sämtliche Mondstrukturen so dargestellt sind, als ob sie von der Seite beleuchtet seien. Hevelius führte auch erstmals ein System von Bezeichnungen ein, die sich an irdische Bezeichnungen orientierten.

Bild vergrößernSchattenreliefkarte
©NASA
»Clementine

Hevelius gilt als der Begründer der „Selenographie“. Alle späteren Mondkarten verwendeten und verwenden die Methode der seitlichen Beleuchtung. Im Unterschied zu Hevelius wird in modernen Karten allerdings die Abendbeleuchtung verwendet. In modernen Karten wird dabei keine einzelne seitliche Lichtquelle angenommen, die Schattenlängen entsprechend der Höhe der Objekte erzeugen würde. Stattdessen kommt die Methode der Reliefschattenzeichnung zur Anwendung, die zu Beginn der 1960er Jahre entwickelt wurde. Jede Oberflächenstruktur wird dabei so dargestellt, als würde sie von der Sonne unter einem der Hangneigung entsprechenden Winkel angestrahlt. Allein die lichtabgewandten Hänge sind dadurch vom eigenen Schatten bedeckt und dunkel. Störende Schlagschatten, wie sie auf gewöhnlichen Fotographien auftreten, gibt es dabei nicht.

Bild vergrößernMondkarte von Beer und Mädler
©Mappa Selenographica

Die Bezeichnung der Mondstrukturen (Nomenklatur) ist ein wesentlicher Bestandteil von Mondkarten. Denn sie gestattet eine schnelle Orientierung. Hevelius Namenssystem wurde zwar in den protestantischen Ländern noch bis in das 18. Jahrhundert verwendet, aber zum Schluss setzte sich das System des Jesuiten und Astronomen Giovanni Battista Riccioli (1651) durch. Dieser gab den großen dunklen Gebieten Namen von Meeren und den Kratern Namen von Philosophen und Astronomen. Die Mondnomenklatur wurde später ganz wesentlich von den deutschen Selenographen J.H. Schröter (Selenographische Fragmente, 1791 und 1802) und von W. Beer und J.H. Mädler (Mappa Selenographica, 1837) erweitert.

Bild vergrößernAusschnitt von der Mondrückseite
©RedShift 4

Mit immer leistungsfähigeren Teleskopen wurden zunehmend mehr Details auf der Mondoberfläche entdeckt. Die Folge war eine recht unübersichtliche und teilweise auch unsystematische Benennungspraxis. In den 1960ern wurde die Mondrückseite kartiert, was 1970 die Annahme von weiteren 513 Bezeichnungen von Mondformationen auf dem XIV. IAU-Kongress in Brighton notwendig machte. Erstmalig wurden dabei auch 12 Krater nach noch lebenden Persönlichkeiten benannt: 6 amerikanische Astronauten und 6 sowjetische Kosmonauten.

Mit dem XV. IAU-Kongress von 1973 wurde eine Reform der Nomenklatur beschlossen, die auch heute noch gültig ist. Dabei wollte man auch den Erfordernissen einer detaillierten Mondkartierung im Maßstab 1:250.000 gerecht werden. Da jedes Kartenblatt dabei nur einen sehr kleinen Mondausschnitt zeigt, sollte innerhalb jeder Karte wenigstens ein namentragendes Gebilde liegen.

Bild vergrößernDer Mond durchs Teleskop gesehen
©Kosmos Himmelsjahr

Da in einem astronomischen Teleskop die Objekte „auf dem Kopf stehen“, wurden seit der Erfindung des Teleskops auch die Mondkarten entsprechend dieser Ansicht angefertigt. Erst mit dem Aufkommen der modernen Digitaltechnik, bei der die Orientierung keine Rolle spielt, werden Mondkarten wieder in natürlicher Ausrichtung dargestellt.

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» Benennung der Strukturen




 
 

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Autor dieses Artikels:  Prof. Dr. Bruno Deiss

In Zusammenarbeit mit dem Physikalischen Verein, Frankfurt a.M.
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